AG Krefeld 3 C 468/09 IbC Einbeziehung von Tarifen in Vertrag , übliche Vergütung

118xx

Mitglied
Es ging um die Frage wie Tarife bei Internet by Call- Verbindungen Vertragsinhalt werden können und welcher Tarif anzusetzen ist, wenn eine Einbeziehung nicht nachgewiesen wird. Im Wege der Schätzung setzte das Gericht 1 Cent pro Minute an.

3 C 468/09

AMTSGERICHT Krefeld

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL


In dem Rechtsstreit

Klägerin,
Prozessbevollmächtigte:

gegen

Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:

hat das Amtsgericht Krefeld
im vereinfachten Verfahren gem. § 495 a Satz 1 ZPO am 11.03.2010
durch den Richter
für RECHT erkannt:

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Hagen vom .... (AZ....) bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von .. € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus .. € seit dem .... und aus ... € seit dem ..., Mahnkosten in Höhe von 10,00 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 39,00 € zu zahlen.

Im übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die durch den Erlass des Vollstreckungsbescheides entstandenen Kosten hat die Beklagte zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 20 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.


Entscheidungsgründe

Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Hagen vom .... ist zulässig.

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 611 Abs. 1 BGB einen Entgeltanspruch für die Inanspruchnahme von Call-by-Call-Einwahldienstleistungen in das Internet in Höhe von ...€. Ein weitergehender Vergütungsanspruch ist hingegen nicht gegeben.

a)
Zwischen den Parteien wurde ein Telekommunikationsvertrag geschlossen. Durch das Herstellen einer Internetverbindung durch die Beklagte über die von der Klägerin eingerichtete Vorwahl (als Realofferte) kam zwischen den Parteien ein Telekommunikationsvertrag zustande (vgl. BGH NJW 2005, 3636 m.w.N.)

b)
Die Klägerin ist als Inhaberin der Zielrufnummern 019............, 019.......... und 019......... für die in Rede stehenden Entgeltforderungen aktivlegitimiert.

Die genannten Zielrufnummern wurden von der Bundesnetzagentur der ............. zugeteilt, die diese der Klägerin (damals noch als ..........) zur Nutzung überlies. Die Vermarktung der in Rede stehenden Zielrufnummer nahm die ........ im Auftrag der Klägerin wahr. Dies ist von der Klägerin, entgegen der Auffassung der Beklagten, hinreichend substantiiert dargelegt worden.

c)
Die von der Klägerin für die streitgegenständlichen Rechnung vom ... und vom....enthaltenen Verbindungen in Ansatz gebrachten Tarife finden keine Anwendung. Die in dem von der Klägerin vorgelegten Screenshot vom ...... dargestellten Call-by-Call-Tarife der ........ wurden nicht Bestandteil des Telekommunikationsvertrages der Parteien. Zwar handelt es sich bei den in Rede stehenden Preisangaben der ......... um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, diese wurden jedoch nicht wirksam nach § 305 Abs. 2 BGB in den Telekommunikationsvertrag der Parteien einbezogen. Zum einen fehlt es an einem ausdrücklichen oder konkludenten Hinweis der Klägerin auf die Preisangaben der ...... (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zum anderen hatte die Beklagte keine Möglichkeit, sich vor dem Verbindungsaufbau über die streitgegenständlichen Zielnummern der Klägerin in zumutbarer Weise Kenntnis der relevanten Preisangaben der ....... zu verschaffen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Nach der ständigen Rechtsprechung müssen Allgemeine Geschäftsbedingungen beim Vertragsschluss im Internet über einen gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden können (BGH NJW 2006, 2976; OLG Hamburg BB 2006, 2329; OLG Hamm NJW 2005, 2319). Dabei muss eindeutig erkennbar sein, welche Allgemeinen Geschäftsbedingungen konkret Anwendung finden sollen (AG Frankfurt/ Main NJW 2006, 3010). Keinesfalls darf das Risiko der Verschaffung bzw. Kenntniserlangung der maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in unzumutbarer Weise auf den Vertragspartner des Verwenders verlagert werden. Dies gilt insbesondere auf die Einwahl ins Internet, weil durch diese gerade erst eine Verbindung ins Internet hergestellt werden soll (BGH NJW-RR 1999, 1247). Diese Einbeziehungsvoraussetzungen lassen sich bei Call-by-Call-Verbindungen ins Internet beispielsweise dadurch wahren, dass dem Nutzer unmittelbar nach der ersten Einwahl ein Link zu den relevanten Tarifen angezeigt wird.

Für die Beklagte war es nicht möglich, vor Einwahl über die Verbindungsnummern der Klägerin festzustellen, dass die Preisangaben der ....... auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis Anwendung finden sollen. Aus dem klägerischen Vorbringen ist nicht ersichtlich, wie sich die Beklagte Kenntnis der Preisangaben der ...... hätte verschaffen sollen. Für die Beklagte war schon nicht erkennbar, dass für die Verbindungen der Klägerin die Preisangaben eines anderen Unternehmens Anwendung finden sollten. Die Klägerin räumt insoweit selber ein, dass die in Rede stehenden Preisangaben der ...... weder unter ihrer jetzigen Firmenbezeichnung ..., noch unter ihrer früheren Firmenbezeichnung ..... eingesehen werden konnten. Die vertraglichen Verbindungen zwischen der Klägerin und der ...... waren für die Beklagte nicht ersichtlich. Weil die Beklagte demnach keine Möglichkeit hatte vor Vertragsschluss mit der Klägerin die Preisangaben der ...... zu finden und einzusehen, sind die Voraussetzungen einer Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB vorliegend nicht erfüllt.

Anhaltspunkte für eine Einbeziehung der Preisangaben der ..... ungeachtet der Anforderungen von § 305 Abs. 2 BGB sind nicht gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass vorliegend eine Befreiung von der Einbeziehungspflicht nach § 305 a Nr. 2 b BGB gegeben sein könnte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Einzelfallfrage der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen unbeachtlich, ob für Call-by-Call-Leistungen eine allgemeine Preisansageverpflichtung nach den §§ 66 b, 66 c TKG gegeben ist oder nicht. Die von der Klägerin auszugsweise vorgelegten Entscheidungen einzelner Amtsgerichte befassen sich erkennbar nicht mit der Frage der Anforderungen an die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (Preisangaben) bei der Interneteinwahl nach dem Call-by-Call-Verfahren und liegen deshalb neben der Sache.

d)
Die Einwendungen der Beklagten im Hinblich auf die fehlende Einbeziehung der Preisangaben der ..... in den streitgegenständlichen Telekommunikationsvertrag sind nicht präkludiert.

Beanstandungsverpflichtungen aus § 45 i TKG sind vorliegend nicht gegeben, weil die in Rede stehenden Verbindungen vor dem Inkrafttreten des TKG hergestellt wurden. Die entsprechende Vorgängerregelung in § 16 TKV sah keine fristgebundene Rügeobliegenheit des Nutzers vor.

e)
Mangels Einbeziehung der Preisangaben der ...... kann die Klägerin von der Beklagten nach § 612 Abs. 2 BGB lediglich die übliche Vergütung verlangen. Das Gericht schätzt die übliche Vergütung in Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO auf der Grundlage des Vortrages der Parteien auf 1 Cent pro Minute.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch in Höhe von ... €. Dies entspricht 509 Verbindungsminuten zu je 1 Cent. Die Klägerin hat durch Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises hinreichend substantiiert dargelegt und nachgewiesen, dass die Beklagte am .... bis zum ... (Rechnung vom ...) 3 Stunden, 25 Minuten und 40 Sekunden über Verbindungen der Klägerin das Internet genutzt hat. Zudem hat die Beklagte in dem Zeitraum vom ... bis ... (Rechnung vom... ) 5 Stunden, 2 Minuten und 48 Sekunden Verbindungen der Klägerin zur Nutzung des Internets verwendet. Aus den klägerischen Einzelverbindungsnachweisen ergeben sich hinreichend konkret Datum, Uhrzeit und Dauer der einzelnen Verbindungen. Daher hat die Beklagte in den genannten Zeiträumen 509 Minuten die Verbindungen der Klägerin genutzt. Dafür ist gemäß den §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB ein Entgelt in Höhe von .... € zu leisten.

2.
Die Klägerin kann von der Beklagten nach den §§ 288 Abs. 1, 286, 208 Abs. 2 BGB Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus ... € seit dem ... und aus ... € seit dem ... verlangen.

3.
Zudem hat die Klägerin wegen des Verzugs der Beklagten gemäß den §§ 286, 280 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Ersatz ihrer Mahnkosten in Höhe von 10,00 € sowie ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 €. Letztere ergeben sich auch bei Zugrundelegung eines Gegenstandwertes von ... €.

4.
Die Berufung wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 511 Abs. 4 ZPO vorliegend nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der Entscheidung eines Berufungsgerichtes.

Die streitgegenständliche Frage der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ..... in das Vertragsverhältnis der Parteien ist vor dem Hintergrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und bedarf keiner Grundsatzentscheidung durch ein Berufungsgericht. Eine besondere wirtschaftliche oder tatsächliche Bedeutung der relevanten Streitfrage ist nicht ersichtlich.

5.
Die Kostenentscheidung folgt den §§ 700 Abs. 1, 344, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO:

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in den §§ 7089 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: ... €
 
Zurück
Oben