Zuständigkeit "Deutschland"

rolf76 schrieb:
drboe schrieb:
M. E. gilt deutsches Recht a) für das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und b) für Deutsche Staatsbürger weltweit. Durchsetzen kann man es vor allem in Deutschland selbst, andernorts teils im Wege der Amtshilfe. Das sollte eigentlich reichen.
Das finde ich wenig überzeugend und schon gar nicht verbraucherfreundlich.
Was überzeugt Dich nicht? Dass ein Staat Gesetze nur für das eigene Staatsgebiet machen und vor allem nur auf diesem selbst durchsetzen kann? Das ist internationale Realität. Und ich füge an: Glücklicher Weise! Oder wisst Du, dass die archaische Scharia, durchaus Basis des Rechts einiger Länder, hier durchgesetzt wird? Wenn Du in einem anderen Land Rechtshändel ausfechten willst, dann gilt an dessen Gerichten selbstverständlich dessen Recht. Du kannst natürlich auch hier Geld ausgeben und Dir ein Urteil in Deinem Sinne erstreiten. Wenn Dein Gegner aber niemals deutschen Boden betritt wird die Vollstreckung wohl nicht gelingen. Recht, das nicht durchsetzbar ist, hat schlicht einen Wert Null.

rolf76 schrieb:
Dubiose Internetangebote dürfen also von "rechtsfreien" Staaten aus gezielt deutschen Abnehmern angeboten werden - und wenn es Abzocke war, dann sollen die reiselustigen Deutschen eben zur Rechtsverfolgung in den "rechtsfreien" Staat reisen, um dort zu erfahren, dass ihnen dort kaum Rechte zustehen?
Und wie willst Du das ändern? Glaubst Du, dass Dir das deutsche Heer als Weltpolizei bei der Durchsetzung Deiner Ansprüche in Korea, Saudi Arabien, VR China, Bokina Faso oder anderswo Unterstützung leisten wird? Sollen andere Länder im Gegenzug hier ihre Rechtsnormen vollstrecken können? Damit würden Staaten als solche sinnlos, würden sie auf dem eigenen Staatsgebiet das eigene Recht nicht souverän ausüben.

Und was heisst hier "rechtsfrei"? Ein anderes Recht bedeutet doch nicht, dass es kein Recht gibt. Das deutsches Recht das Maß aller Dinge ist, mögen sich deutsche Juristen und Politiker vielleicht gelegentlich einbilden. Angesichts der seit Jahren ungebremsten Regelungswut und merkwürdiger Sondergesetzen habe ich daran aber ernsthafte Zweifel.

M. Boettcher
 
Möglicherweise reden wir ja nur aneinander vorbei.

Ganz klar: Ein Urteil ist das Eine - die Frage der Vollstreckbarkeit ist dann natürlich etwas Anderes. Dazu gibt es dann eben wirksame Abkommen oder auch nicht.

Das deutsche Verbraucherschutzrecht muss doch aber dann anwendbar sein, wenn ein Ausländer aus dem Ausland gezielt an deutsche Kunden Abzockangebote anbietet. Oder wo soll Deiner Meinung nach der Streit über Internetangebote ausgetragen werden? Immer am Sitz des Anbieters? Dann würden sich die Anbieter zum Nachteil der Verbraucher die angenehmsten Rechtskreise aussuchen.
 
rolf76 schrieb:
Möglicherweise reden wir ja nur aneinander vorbei.

Ganz klar: Ein Urteil ist das Eine - die Frage der Vollstreckbarkeit ist dann natürlich etwas Anderes. Dazu gibt es dann eben wirksame Abkommen oder auch nicht.

Das deutsche Verbraucherschutzrecht muss doch aber dann anwendbar sein, wenn ein Ausländer aus dem Ausland gezielt an deutsche Kunden Abzockangebote anbietet. Oder wo soll Deiner Meinung nach der Streit über Internetangebote ausgetragen werden? Immer am Sitz des Anbieters? Dann würden sich die Anbieter zum Nachteil der Verbraucher die angenehmsten Rechtskreise aussuchen.
1. schon die Frage, ob gezielt deutsche Verbraucher angesprochen werden, gibt doch Raum für Interpretation (siehe Hinweis oben auf Sprache, Währung usw.). Der Euro soll schließlich einmal die Europa-Währung werden. Deutsch wird in mindestens 3 Ländern Europas gesprochen, verstanden in deutlich mehr.
Tipp: Fluche nicht in New York auf deutsch über die USA, Du könntest von mehr Leuten verstanden werden, als Dir lieb ist.

2. Da deutsches Verbraucherschutzrecht zunächst deutsches Recht ist (ignorieren wir einmal, dass es teils auf EU-Recht basiert und damit bestimmte Grundsätze in diversen EU-Ländern vergleichbar sind), wird sich der gemeine Chinese, Kanadier, Senegalese oder Inder mit Recht dagegen verwahren, dass dieses in seinem Land angewendet wird. Nein, er wird sogar darüber lachen.
Im Gegenzug gehen uns z. B. die Todesurteile der USA am A... vorbei. Wir finden die nicht nur empörend, sondern lassen hier natürlich nicht vollstrecken und liefern nicht einmal aus, wenn einem Beschuldigten Ausländer die Todesstrafe droht. Bis vor kurzem wurden Deutsche unter keinen Umständen an Drittstaaten ausgeliefert sondern maximal hier abgeurteilt. Das wurde auf europäischer Ebene leider geändert und das BVerfG deswegen angerufen. Es drohte nämlich, dass man für Taten, die in einem Land der EU gar nicht strafbar sind oder nur gering bestraft werden in einem anderen EU-Land angeklagt und verurteilt wird.

3. wird natürlich ein Anbieter, der im "sicheren" Ausland seine Sitz hat, nicht zu einem Gerichtsverfahren in Deutschland anreisen. D. h. aber auch, dass man sich entsprechende Verfahren schenken kann, weil man damit nur gutes Geld einer schlechten Sache hinterher wirft. In Einzelfällen macht das vielleicht Sinn, nämlich wenn der Betreffende Vermögenswerte im Inland hat oder anzunehmen ist, das er hier einmal auftaucht. Aber die Regel ist das nicht.

M. Boettcher
 
Sitz im Ausland

Die Problematik ist uralt, und wurde z.B. in den 60-er Jahren mit diesen off-shore-Fonds schon fleißig ausgenutzt :( .

Das Problem ist aber beiderseitig: ein Anbieter, der Dich versucht, via Internet von den niederländischen Antillen aus abzuzocken, kann ja selbst kaum hierzulande was gegen Dich rechtlich durchsetzen :D .

Also immer Vorsicht (Alarmstufe ROT) wenn irgendwer von euch Geld haben will, welchselbiges an "ungewöhnliche" Orte im Ausland transferiert werden soll bzw. die Firma keinen Geschäftssitz im Inland hat.

By the way: ist es eigentlich überhaupt möglich, die Endung ".de" zu bekommen wenn man nur auf den niederländischen Antillen sitzt, und z.B. in D nur einen "Dummy" zu sitzen hat, z.B. ein Mann von der Straße, der sich gegen eine warme Mahlzeit und eine Daunenjacke als "Strohmann" hergab?

Also auch Alarmstufe gelborange, wenn die Endung nur ".com" lautet, der Seiteninhalt aber deutsch ist? Sollte man mal drüber nachdenken...

(mir reichen schon die zahlreichen unseriösen Buden hierzulande :evil: )
 
Re: Sitz im Ausland

UlliZ schrieb:
Die Problematik ist uralt, und wurde z.B. in den 60-er Jahren mit diesen off-shore-Fonds schon fleißig ausgenutzt :( .
Im Jahr 1986 erschien in der Schweiz das Buch "Swiss Connection", in dem die Geschichte der offshore-Investments beleuchtet wird.
Ich glaube aber, dass sich mit dem Internet die Sache sprunghaft entwickelt hat. Einschlägig bekannte Unternehmen bieten (legal) Firmen- und Bankengründungen weltweit per Mausklick an. Falls unter den Kunden ein schwarzes Schaf ist, ja mei, kann man nichts machen. Wenn es wo hakt, werden die passenden Gesetze erlassen. In der Schweiz kriegt jetzt z.B. das Steuerparadies Zug Konkurrenz von einem anderen Kanton, hab den Namen vergessen. Wenn ich nächstes Jahr hier noch recherchiere, stolpere ich früh genug drüber...

Firmengründungsfirmen werben ganz offen mit Anonymität und Steuerbefreiung in Zeiten, in denen der Artikel 14, Abs. 2 ("Eigentum verpflichtet") wichtiger wäre denn je - aber kaum eine Rolle im politischen Denken spielt.

Dann sollen die Diener des Großkapitals diesen Artikel bitte mit ihrer vorhandenen Mehrheit aus dem Grundgesetz kippen. Feigenblätter für eine Politikergeneration, die im historischen Rückblick nicht anders als vernichtend beurteilt werden dürfte, brauche ich persönlich nicht.

Politiker, die in Fernsehbeiträgen Nebenverdienste von Politikern als "nicht bedeutend" bezeichnen, die eine Politikerin für die Teilnahme an ein paar Sitzungen im Monat bekommt und die so hoch liegen wie mein eigenes Monatsgehalt mit zwei Kindern, sollten nicht darüber entscheiden, ob wir sibirisches Gas via Ostsee oder via Polen nach Deutschland bringen, sondern sie sollten in Sibirien die Pipeline bewachen. Und zwar bekleidet mit meinem letzten Hemd, das ich Ihnen für diesen Zweck gerne zur Verfügung stelle - für andere Zwecke jedoch nicht!

Zur Sache: Natürlich muss eine de-Domain einen deutschen Ansprechpartner mit zustellbarer Adresse haben. Hat sie den aber nicht, macht es auch nichts. Und wenn ein Österreicher mit Firmensitz in Tschechien Admindienste für de-Domains anbieten und diese auch übernehmen würde, fände das vielleicht ich seltsam oder Du - aber was haben Du und ich schon zu sagen?

Weltbürger sind eben, anders als "Big-Brother-Bürger" überall zu Hause, auch in Moskau. Do you agree, Mr Geheim? Man säuft in Thailand und bieselt in Panama...
 
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