Kein Zahlungsanspruch aus Anerkenntnis wenn anerkannte Forderung sittenwidrig ist

118xx

Mitglied
Selbst wenn ein schriftliches Schuldanerkenntnis abgegeben wurde kann unter Umständen Zahlung verweigert werden.
Zum Sachverhalt:
Die klägerische GbR kauft unter anderem die Forderungen von Gewinnspielanbietern auf. Sie lässt die Forderungen dann durch ein Inkassobüro beitreiben. Die Beklagte hatte bei einer (zu einer grösseren Firmengruppe gehörenden) Firma Bestellungen im Zusammenhang mit Gewinnspielbriefen getätigt. Da der Gewinn nicht kam zahlte die Beklagte nicht. Nachdem das Inkassobüro eingeschaltet wurde unterzeichnete die Beklagte dann ein als "Anerkenntnis- und Ratenzahlungsvergleich" bezeichnetes Schriftstück.
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1 C 474/06
Verkündet am 23.05.2007

AMTSGERICHT Krefeld
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit
Der F. GBR
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte:

g e g e n
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte:

hat das Amtsgericht Krefeld
aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 25.04.2007
durch den Richter am Amtsgericht xx
für RECHT erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Forderung in Höhe von 119,69 Euro nebst Zinsen und Kosten gemäß „Anerkenntnis- und Ratenzahlungsvergleich“ vom 12.10.2004. Die Beklagte hat nämlich gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 821 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung einen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückforderdung des Anerkenntnisses. Der Geltendmachung des Anerkenntnisses steht deshalb der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, weil die Klägerin das aufgrund des Anerkenntnisses Erlangte alsbald gemäß § 812, § 818 BGB an die Beklagte zurück zu gewähren hätte („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus“). Es handelt sich hier um ein selbstständiges, konstitutives Schuldanerkenntnis, dem der erforderliche Rechtsgrund fehlt.

Ein solcher Bereicherungsanspruch kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und eine klare Rechtslage schaffen wollten (vgl. BGH NJW 2005, S. 2993; BGH NJW 2000, S. 2501, 2502). Um einen solchen Fall handelt sich hier aber nicht. Zwischen den Parteien bestand weder ein Streit noch eine Ungewissheit über Grund und Höhe der Kaufpreisforderung. Der Ratenzahlungsvergleich, also die Stundung der Forderung, machte den Vertrag vom 14.10.2004 nicht insgesamt zu einem Vergleich. Die Beklagte hat die Verpflichtung aus dem Anerkenntnis erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) bzw. zum Zwecke der Sicherung der Forderung aus dem Kaufvertrag übernommen. Ein solches Anerkenntnis kann grundsätzlich zurückgefordert werden, wenn die gesicherte Forderung nicht besteht (vergl. BGB aaO.).

Dem Anerkenntnis fehlt hier der Rechtsgrund, weil der zugrundeliegende Kaufvertrag gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Die Beklagte hat bei ihrer Anhörung im Termin überzeugend geschildert, dass und wie sie zu den mehreren Bestellungen nur dadurch veranlasst worden ist, dass ihr von der Verkäuferin, der Firma B. b.v., erhebliche Geldgewinne zugesagt worden sind, die sie erhalten könne, wenn sie Bestellungen tätige. Diese Gewinnversprechen sind unstreitig niemals eingelöst worden. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass bei der Verkäuferin von vornherein niemals die Absicht bestanden hat, Geldgewinne an Besteller auszuschütten. Die Verkäuferin/Zedentin hat sich in ihrer Geschäftspraktik offensichtlich gerade an ältere, rechtlich und geschäftlich unerfahrene Personen gewandt, wie sich schon aus dem angebotenen Warensortiment, wie z.B. „Fingerschienen“, „Aloe Vera-Kniestrümpfe“, „Ingweröl“, entnehmen lässt. Die Klägerin bestreitet nicht einmal, jedenfalls nicht substantiiert, dass es sich bei der Zedentin, der Firma B., um eine Tochterfirma der O. gehandelt hat, deren einziger Zweck es gewesen ist, Kunden durch unseriöse Gewinnspielzusagen zu Gewinnanforderungen in Gestalt von Bestellungen zu veranlassen. Das auf die vorliegende Bestellung, aber auch auf die Bestellung im Parallelverfahren gerichtete Verhalten der Zedentin ist als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung der Beklagten zu werten. Der Kaufvertrag ist deswegen nach § 138 BGB nichtig.

Schließlich ist die Rückforderung des Anerkenntnisses auch nicht nach § 814 BGB etwa deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte gewusst hätte, dass sie zu dem Anerkenntnis nicht verpflichtet war. Erforderlich wäre, dass die Beklagte seinerzeit die Rechtslage positiv gekannt, also gewusst hätte, dass sie nach der Rechtslage nichts schuldete. Nach dem Eindruck, den die Beklagte bei ihrer Anhörung im Termin hinterlassen hat, spricht dagegen alles.

Die Kostenentscheidung beruft auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert: bis zu 300,00 EUR
 
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