Inkassokosten - Wieviel muss gezahlt werden?

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KatzenHai

Scyliorhinus stellaris
Teil I.
Was sind eigentlich erstattungsfähige Inkassokosten?



Erstattungsfähige Inkassokosten

Grundsätzlich setzen Inkassokosten Verzug des Schuldners voraus. Der Schuldner muss also nach Eintritt der Fälligkeit nicht gezahlt haben und hierdurch in Verzug geraten sein.

Die Voraussetzungen zum Eintritt des Verzugs stehen in § 286 BGB

Verzug tritt (meistens) dadurch ein, dass in der Rechnung darauf hingewiesen wurde, dass der Verzug nach 30 Tagen ab Rechnungserhalt eintritt (§ 286 Abs. 3 BGB). Die zweithäufigste Form des Verzugseintritts ist der gesetzliche Grundfall: Es ergeht eine Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Mahnung ist jede Mitteilung (auch mündlich), dass der Betrag noch offen steht und bitte gezahlt werden soll. Die dritthäufigste Form des Verzugseintritts ist, dass bei Vertragsschluss (nicht später!) von beiden Vertragsparteien (!) vereinbart (!) wurde, dass nach X Tagen oder Y Wochen gezahlt sein muss (§ 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB).


Liegt nun Verzug vor - was natürlich nur der Fall ist, wenn sich die Forderung als berechtigt und fällig heraus stellt -, muss der säumige Schuldner nach § 280 BGB wegen dieses Vertragsverstoßes Schadensersatz an den Gläubiger leisten.

Und Teil dieses Schadensersatz sind die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung - die eigentliche Grundlage der Inkassokosten.


Notwendige Kosten der Rechtsverfolgung

Interessant ist hierbei das korrigierende Wörtchen "notwendig". Nach § 254 BGB ist ein Geschädigter verpflichtet, den Schaden in zumutbarer Weise so gering wie möglich zu halten, also nicht den Schuldner durch besonders hohe Schäden "zu bestrafen". Dieser Rechtsgrundsatz ruft für Inkassokosten eine Besonderheit hervor: Diese sind in der Höhe begrenzt.


Nach der Wertung des Gesetzgebers ist nämlich eigentlich das unabhängige Organ der Rechtspflege "Rechtsanwalt" für derartige Rechtsverfolgungstätigkeiten berufen. Und dessen Gebühren sind gesetzlich einheitlich geregelt: Im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Das bedeutet für Inkassokosten: Der Gläubiger kann sich jederzeit einen Anwalt zur Durchsetzung der behaupteten Forderung nehmen - und dessen Gebühren stehen dann nach RVG fest. Diese Feststellung mit der Schadensminderungspflicht kombiniert ergibt sich folgender Grundsatz:

Inkassokosten dürfen nicht höher sein als die Kosten, die ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit ausgelöst hätte.

Denn sonst wären die Inkassokosten nicht mehr "notwendig" - und daher nicht vom Schuldner zu erstatten. Daher sind z.B. Detektivkosten, Ermittlungskosten, Kontoführungsgebühren etc. nur erstattungsfähig, wenn sie notwendig zur Rechtsverfolgung waren - was im Einzelfall durchaus Grund für einen eigenen Streit sein kann.

Ergo: Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz stellt die Obergrenze der erstattungsfähigen, notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung dar.

Natürlich konkret nur, wenn diese auch in dieser Höhe bezahlt wurden; war das Inkassobüro für den Auftraggeber günstiger, ist auch nur der günstigere Tarif zu erstatten. Gewinne gibt's im deutschen Schadensersatzrecht nicht.

Teil II:
Wie hoch sind die Kosten denn jetzt?


Zunächst eine typische Juristenantwort: Das kommt darauf an.

Und zwar auf den Wert der sog. "Hauptforderung", um die gestritten wird. Dies ist der (unverzinste) Betrag, den der Schuldner (angeblich) schuldet.

Beispiel 1:
Rechnungsbetrag der abgeblichen Forderung: 22,50 €

Beispiel 2:
Rechnungsbetrag der angeblichen Forderung: 300,01 €

Für die Gebührenrechnung im Weiteren ist unerheblich, ob diese Forderung rechtlich tatsächlich besteht, ganz oder teilweise. Es entscheidet der Wert, um den gestritten wird.

Wertgebühr
Das RVG stellt in § 13 RVG zunächst die "Grundgebühr", die sog. "Wertgebühr" (rechnerisch 1,0) fest.

Diese beläuft sich bei Gegenstandswerten bis 300,00 € auf 25,00 €. Diese Gebühr erhöht sich dann degressiv mit steigendem Gebührenstreitwert,

Der Anwalt kann durch seine Tätigkeiten unterschiedliche "Gebührentatbestände" auslösen, deren rechnerische Bruchteils-Bepreisung sich dann gemäß § 2 Abs. 2 RVG nach dem Anhang zum RVG, dem "Vergütungsverzeichnis VV RVG" richtet, in dem in vielen Nummern Tätigkeitstatbestände und deren Bruchteilswert der "Wertgebühr" aufgeführt sind.

Gebührentatbestand
Es kommen meistens zwei Gebührentatbestände in Betracht:

1. Allgemeine Geschäftsgebühr - Nr. 2400 VV RVG

Diese Gebühr wird nach dem RVG zwischen 0,5 und 2.5 der Wertgebühr angesetzt, wobei der Anwalt mehr als 1,3 nur fordern kann, wenn die Angelegenheit umfangreich und schwierig war (was bei Inkassobürotätigkeiten in den allermeisten Fällen per se ausscheidet). Marktüblich sind Gebühren von 1,2 oder eben 1,3.

Beispiel 1:
Wertgebühr bis 300,00 €: 25 €
1,2 mal dieser Wert: 30,00 €
1,3 mal dieser Wert: 32,50 €

Beispiel 2:
Wertgebühr 300 bis 600 €: 45 €
1,2 mal dieser Wert: 54,00 €
1,3 mal dieser Wert: 58,50 €

2. Einfaches Schreiben - Nr. 2402 VV RVG:
"Der Auftrag beschränkt sich auf ein Schreiben einfacher Art: Die Gebühr 2400 beträgt 0,3"

"Einfach" ist Schreiben nach Nr. 2402, "wenn dieses weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzngen enthält"

Wichtig hier: "Der Auftrag" und "ein Schreiben" - hat das Inkassobüro also bereits von Anfang an den Auftrag "mehrerer" einfacher Schreiben, ist diese Reduktion nicht einschlägig. Das gleiche gilt, wenn der Auftrag von Anfang an über "einfache" Schreiben hinaus geht, was normalerweise der Fall sein dürfte.

Überhaupt gilt: Nicht jedes Schreiben löst eine neue Gebühr aus - diese wird durch die erste Tätigkeit entfaltet und bleibt einmal die gleiche, bis eine andere Tätigkeit hinzu tritt.

Beispiel 1:
Wertgebühr bis 300,00 €: 25 €
0,3 mal dieser Wert: eigentlich 7,50 € - wegen § 13 Abs. 2 RVG aber 10,00 €

Beispiel 2:
Wertgebühr 300 bis 600 €: 45 €
0,3 mal dieser Wert: 13,50 €

Weitere Kosten
Hinzu treten nach Ziff. 7002 VV RVG die "Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen", sofern nicht die entstandenen Kosten centgenau abgerechnet werden.
Diese Pauschale beträgt 20 % der Gebühren, höchstens aber 20,00 €

Beispiel 1:
Wertgebühr bis 300,00 €: 25 €
0,3 mal dieser Wert: 10,00 € -> Pauschale 2,00 €
1,2 mal dieser Wert: 30,00 € -> Pauschale 6,00 €
1,3 mal dieser Wert: 32,50 € -> Pauschale 6,50 €

Beispiel 2:
Wertgebühr 300 bis 600 €: 45 €
0,3 mal dieser Wert: 13,50 € -> Pauschale 2,70 €
1,2 mal dieser Wert: 54,00 € -> Pauschale 10,80 €
1,3 mal dieser Wert: 58,50 € -> Pauschale 11,70 €

Umsatzsteuer
Da es sich bei dieser Kostenerstattung um Schadensersatz handelt, ist die Umsatzsteuer nicht zu erstatten, wenn der Gläubiger (wie meistens) vorsteuerabzugsberechtigt ist. Denn der Gläubiger bekommt ja eine Rechnung vom Inkassounternehmen, aus der er die Vorsteuer zieht (einspart). Würde er sich zusätzlich erstattet erhalten, machte er ja Gewinn - und den gibt's im Schadensersatzrecht nicht.


Zusammenfassung

Somit stehen die "Obergrenzen" der Inkassokosten der beiden Beispiele fest:

Beispiel 1:
Wertgebühr bis 300,00 €: 25 €
0,3 mal dieser Wert: 10,00 € + Pauschale 2,00 € = 12,00 €
1,2 mal dieser Wert: 30,00 € + Pauschale 6,00 € = 36,00 €
1,3 mal dieser Wert: 32,50 € + Pauschale 6,50 € = 39,00 €

Beispiel 2:
Wertgebühr 300 bis 600 €: 45 €
0,3 mal dieser Wert: 13,50 € + Pauschale 2,70 € = 16,20 €
1,2 mal dieser Wert: 54,00 € + Pauschale 10,80 € = 64,80 €
1,3 mal dieser Wert: 58,50 € + Pauschale 11,70 € = 70,20 €


Übrigens: Ein eigener Anwalt, der verteidigend tätig wird, kostet das Gleiche - aber ggf. zzgl. USt. Und ob dessen Kosten vom Gläubiger erstattet werden, wenn der Anspruch "baden geht", steht hier.
 
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